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Armseliges Angebot – zur Vorstellung der Bischofskandidat/innen in der Peterskirche

Im Mai 2015 wählt die Synode der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens einen neuen Landesbischof oder eine Landesbischöfin. Vier Kandidat/innen stehen zur Wahl. Am gestrigen Montag haben sie sich in der Peterskirche Leipzig vorgestellt: Oberlandeskirchenrat Dietrich Bauer, Landesjugendpfarrer Tobias Bilz, Pfarrerin Margrit Klatte, Pfarrer Dr. Carsten Rentzing. Moderiert wurde die Veranstaltung von Radio-PSR-Kirchenredakteurin Friederike Ursprung und SONNTAG-Redakteur Andreas Roth. Am Schluss wurden die Kandidat/innen von einer Lehrkraft der Theologischen Fakultät gefragt, warum es denn überhaupt eines Landesbischofs bedarf. Die Antworten fielen ziemlich gleich aus: Der Bischof wirke vor allem durch das Wort nach innen und nach außen, er habe auf die Einheit der Kirche zu achten und er sei das Gesicht der Landeskirche. Doch haben die vier Kandidat/innen an diesem Abend Gesicht, Profil gezeigt und vor allem durch das Wort gewirkt? Da herrschte über 90 Minuten Fehlanzeige. Keiner der vier Kandidat/innen vermochte es auch nur im Ansatz, eine Vision für die sächsische Landeskirche zu entwickeln. Keiner hatte eine Art Programm oder Zielprojektion für die nächsten 10 Jahre parat. Stattdessen ergingen sie sich in der biederen Binnen-Darstellung ihrer religiösen Sozialisation im Elternhaus – mal Pfarrhaus, mal eher kirchenfernes Milieu. Aber kein Wort zu der Frage, wie denn in Zukunft die Besten aus der jungen Generation für das Theologiestudium gewonnen werden können, oder für das Studium zum Gemeindepädagogen oder für die Kirchenmusik (die spielte an diesem Abend genauso wenig eine Rolle wie das bevorstehende Reformationsjubiläum 2017 und wie dieses in einer säkularen Gesellschaft zu vermitteln sei). Kein Wort dazu, wie sich denn die Landeskirche Sachsens innerhalb des Freistaates, also in einer entchristianisierten Gesellschaft, positionieren soll. Stattdessen schwammige Insider-Worthülsen über die eigene Frömmigkeit, das Glaubensleben, die Einheit der Kirche. Und bei zwei zentralen gesellschaftspolitischen und ethischen Fragen nur Allgemeinplätze bzw. absurde Wortkapriolen. Pegida/Legida: So, als ob in den vergangenen Monaten nicht sonnenklar geworden ist, dass es sich bei dieser „Bewegung“ um die Fortsetzung der NPD in anderer Form handelt, und so, als ob Pegida/Legida nicht ursächlich mitverantwortlich ist für die zahlreichen rechtsradikalen, gewalttätigen Übergriffe wie in Tröglitz oder Weimar, wurden die Plattitüden wiederholt: Ja, man müsse die Sorgen der Menschen ernst nehmen und Gesprächsräume schaffen in den Kirchen. Da stellt sich die Frage: Was haben die Kandidat/innen eigentlich in den vergangenen 10 bis 20 Jahren in ihren Gemeinden in Sachen kritischer Diskurs getan und wie wollen sie als „Gesicht der Landeskirche“ prägend wirken? Landesjugendpfarrer Bilz war der einzige, der wenigstens eine ethische Grundposition der Kirche zu formulieren vermochte: Jeder Mensch ist ein Ebenbild Gottes, ein Stück Gottes und erfährt daher seine Würde. Und als es dann um das Thema Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Paaren im Pfarrhaus bzw. die Segnung derselben ging, da hatte man den Eindruck, dass hier das schwierigste Problem dieser Welt überhaupt behandelt wird – dabei geht es um ein höchst erfreuliches, alltägliches Grundanliegen des Glaubens: Liebe. Darauf könne man nicht in wenigen Minuten antworten – so die einhellige Meinung der Kandidat/innen. Auch die – in sich schon zweifelhafte – Frage, ob denn Homosexualität nun Sünde sei, konnte oder wollte von keinem der Vier eindeutig beantwortet werden. Aber wieder war es Jugendpfarrer Bilz, der auf einen schwulen Amtsbruder in Berlin verwies. Dieser hätte sich darüber beklagt, wie in der Kirche über die Intimsphäre von Menschen debattiert werde. Schließlich wurde noch gefragt, wie denn die Kandidat/innen entscheiden würden, wenn ein schwules oder lesbisches Paar eine Segnung erbittet. Auch da wieder argumentative Verrenkungen (vor allem von Pfarrerin Klatte), die nur eines offenbarten: ein völlig abgedrehtes Verständnis von Homosexualität. Keiner der Kandidat/innen war bereit zu sagen: Ja, den Segen können und dürfen wir einem schwulen oder lesbischen Paar nicht verweigern. Offensichtlich war keinem der Vier bewusst, dass auch in Sachsen, vor allem in Leipzig, schon längst Segnungen praktiziert und verantwortet werden – und nichts ist hier zusammengestürzt.

So blieben an diesem Abend alle vier Kandidat/innen die Antwort auf die Frage schuldig: Warum soll eine/r von ihnen zum Landesbischof bzw. zur Landesbischöfin gewählt werden? Irgendwie scheinen das auch die Moderatoren gespürt zu haben, dass von keinem der Vier eine profilierte Vorstellung zu erwarten ist. Denn ihre zwei Fragestunden gerieten zur schlechteren Variante eines Kirchenvorstands, der eine/n neue/n Gemeindepfarrer oder -pfarrerin sucht. Aber die sächsische Landeskirche sucht einen Bischof oder eine Bischöfin, der oder die in der Lage ist, Perspektiven für die Kirche in den nächsten 10 Jahren zu entwickeln und diese Kirche zu leiten. Da wurde in der Peterskirche ein ziemlich trauriges Personaltableau präsentiert, das gleichzeitig ein erschreckend grelles Licht auf die triste Personalsituation in unserer Landeskirche wirft. Kein Wunder, dass an diesem Abend in der Peterskirche kein einziger Gedanke geäußert wurde, der mehr als drei der 400 Menschen dazu veranlasst hätte, Beifall zu klatschen. Bleibt die Frage: Warum hat man nicht den Mut gehabt, bei der Kandidat/innensuche über die Landesgrenzen zu schauen? So konnte einen am Schluss nur noch trösten, dass Pfarrerin Dohrn von der Peterskirche den schönen Choral „Abend ward, bald kommt die Nacht“ anstimmte und die Anwesenden mit dem Segen entließ (und dabei die Schwulen und Lesben nicht ausschloss). Hoffen wir, dass diesem Abend dennoch ein „guter Morgen“ folgt.

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